Stadtbrand 1695

Am 20. April 1695 ereignete sich mit dem großen Stadtbrand eines der prägenden Ereignisse in der Siegener Geschichte. An dem Tag, als der Stadtrat im Rathaus ein Festmahl anlässlich der Einziehung des Feuerschillings veranstalten wollte, brach zwischen fünf und sechs Uhr abends ein Feuer aus. Ort des Brandes war das Haus 14 oder 16 am heutigen Kornmarkt rückseitig in der Badstubenwende, einer Nebenstraße in der die beiden Badestuben in der Stadt seit dem Mittelalter ansässig waren. Im Gebäude wohnte der Bäcker Johannes Daub, auch Johannes Chunß genannt. Die Ursache des Brandes ist bis heute ungeklärt. Zeitgenössische Schuldzuweisungen, zum Beispiel Brandstiftung, lassen sich nicht bestätigen.

Die Flammen griffen vom Haus des Bäckers Daub über das Dach rasch auf die Nebengebäude über. In der Folge verbreitete sich das Feuer begünstigt durch den Wind über größere Teile der Stadt. Zunächst entwickelte sich der Brand in Richtung der Ecke Kornmarkt/ Donzenbachstraße. Als der Wind dann nach Osten drehte, griff der Brand auf den gesamten Stadtteil südlich des Kornmarkts über. Vor der Fürstengruft und dem als Galerie ausgebauten späteren kurländischen Flügel der nassauischen Residenz stoppte der Brand und verschonte damit auch die Martinikirche. Ein erneuter Wechsel der Windrichtung trieb die Flammen stadtaufwärts zum Marktplatz, wo sie mit Hilfe von Bauern bei Johannes Langenbachs Haus aufgehalten werden konnten.

Bilanz des Großbrands war die Zerstörung von 252 Wohnhäusern und 51 weiteren "Bäuen", wohl Scheunen. Darunter waren 199 Häuser reformierter Bürger und 51 Häuser katholischer Bürger. Des Weiteren fielen den Flammen die Johanniskirche, das Hospital, das Kölner Tor und der nassauische Hof, die Residenz der reformierten Linie des Hauses Nassau-Siegen mit zahlreichen Kunstschätzen, zum Opfer. Auch elf Todesopfer galt es zu beklagen, vornehmlich ältere Menschen, denen die Flucht aus dem Hospital nicht mehr gelungen war. Daneben starben mehrere Stück Vieh.

Nach der Brandkatastrophe sollte es mehrere Wochen dauern, bis das städtische Leben in Siegen wieder zur Normalität zurückkehrte. In dieser Zeit blieben die Tore teilweise unbewacht, Abgaben wurden nicht eingezogen und die Einnahmen aus der Stadtwaage fielen aus.

Für den Wiederaufbau bemühten sich die Stadt und insbesondere die reformierte Fürstin Ernestine Charlotte von Nassau-Siegen um finanzielle Unterstützung. Sie ersuchte befreundete und andere reformierte Fürsten um finanzielle Hilfe, darunter die Königin von England. Im Auftrag der Fürstin reiste Balthasar Knabenschuh fast drei Monate durch Deutschland, um Geld einzuwerben. Ihre Initiative ist auf die schwere Schädigung der reformierten Fürstenlinie zurückzuführen, deren Residenz inklusive des kostbaren Inventars verbrannte. Die Fürstenfamilie musste daher zunächst im Charlottenhof im Tiergarten wohnen. Unter ihrem Sohn Fürst Friedrich Wilhelm Adolf zu Nassau-Siegen wurde an Stelle des ehemaligen nassauischen Hofs das heutige Untere Schloss errichtet. Als weiteres markantes Bauwerk in der Siegener Oberstadt entstand nach dem Stadtbrand die Marienkirche, da die katholische Gemeinde durch den Brand der Johanniskirche ihr Gotteshaus verloren hatte. Die Brandprozession der katholischen Gemeinde am dritten Sonntag nach Ostern mag verdeutlichen, wie sehr der große Stadtbrand von 1695 noch heute im kollektiven Gedächtnis der Siegener verhaftet ist.


Kurzfassung (Text auf der Acryltafel)

Am Abend des 20. April 1695 brach zwischen fünf und sechs Uhr im Haus des Bäckers Johannes Daub am heutigen Kornmarkt rückseitig in der Badstubenwende ein Brand aus. Das Feuer griff über das Dach rasch auf die Nebengebäude über. Befördert durch den starken, wechselnden Wind an diesem Tag breitete sich der Brand auf das gesamte Stadtgebiet südlich des Markts aus. Abgesehen von 252 Wohnhäusern und 51 weiteren Gebäuden fielen den Flammen die Johanniskirche, das Hospital, das Kölner Tor und der nassauische Hof, die Residenz der reformierten Linie des Hauses Nassau-Siegen mit zahlreichen Kunstschätzen, zum Opfer. Bis das Feuer endlich am Marktplatz bei Johannes Langenbachs Haus gestoppt werden konnte, waren zwei Drittel der Stadt Siegen zerstört. Elf Menschen und mehrere Stück Vieh kostete der Brand das Leben. Nach der Katastrophe sollte es mehrere Wochen dauern, bis das städtische Leben in Siegen wieder zur Normalität zurückkehrte. Für den Wiederaufbau wurde unter Initiative der reformierten Fürstin von Nassau-Siegen in den deutschen Landen und im europäischen Ausland finanzielle Hilfe eingeworben.


GPS-Koordinaten (Breiten- und Längengrad): 50.874212, 8.025789

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