KrönchenCenter

Am 16. September 1899 eröffnen die beiden jüdischen Geschäftsleute Arnold Plaut und Karl Daniel am Siegener Markt im Haus mit der Nummer 19 ein "modernes Warenhaus". Ein absolutes Novum in Siegen, denn die Firma Plaut & Daniel bietet zur Überraschung der Siegener Kundschaft ihre Waren zu festen Preisen nur gegen Barzahlung an. Die so garantierte Liquidität der Geschäftsinhaber ermöglicht den Einkauf größerer Warenposten zu günstigeren Preisen, die dann an die Kunden weitergegeben werden. Das Geschäft floriert und die Firma expandiert, die nach Erwerb der Häuser 21 bis 25 in der Weimarer Republik mit 1.000 Quadratmeter über die größte Geschäftsfläche in Siegen verfügt.

1927 planen die derzeitigen Geschäftsinhaber Daniel Häcker und Julius Stern den Bau eines Kaufhauses großstädtischen Zuschnitts und lassen die gesamte Häuserzeile 19-25 abreißen. Aus Geldmangel müssen sie im Winter den Rohbau an den Kölner Warenhauskonzern Leonhard Tietz AG verkaufen, dieser eröffnet am 4. Oktober 1928 Tietz in Siegen die 43. Filiale der damals angesehensten und erfolgreichsten Warenhauskette Deutschlands. Entsprechend der Konzernmaxime "Licht verkauft!" ist das Gebäude mit einer Glaskuppel versehen, die das Tageslicht vom Dach- bis zum Erdgeschoss fluten lässt; die Verkaufsflächen befinden sich auf rings um den Lichthof angesiedelten Galerien. Als weitere Attraktionen gelten der helle Erfrischungsraum sowie die prächtige Ausstattung des Hauses mit edlen Hölzern.

Nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten geraten die in der Mehrzahl in jüdischem Besitz befindlichen Kaufhauskonzerne in den Fokus des Regimes. Nach dem Tag des Boykotts gegen jüdische Geschäfte und Warenhäuser am 1. April 1933 verlassen die jüdischen Mitglieder die Geschäftsleitung der Leonhard Tietz AG. Auf Druck der NSDAP muss die Gründerfamilie ihre Aktienpakete zu einem Dreißigstel des Kurswertes verkaufen. Die neuen Großaktionäre - Commerzbank, Dresdner Bank und Deutsche Bank - setzen daraufhin auf der Generalversammlung am 11. Juli 1933 die Umbenennung des Konzerns in "Westdeutsche Kaufhof AG, vormals L. Tietz AG" durch. Ein Jahr nach dieser Maßnahme werden auch in Siegen alle jüdischen Angestellten entlassen.

Nach der Zerstörung des Hauses in der Bombennacht des 16. Dezember 1944 beginnt im Sommer 1945 ein erster Notverkauf im Keller. In den folgenden Jahren wird Geschoss um Geschoss wiederhergestellt, so dass 1952 die Wiederinbetriebnahme des Hauses mit 2.863 qm Verkaufsfläche feierlich begangen wird. 1953 ändert der Konzern seine Firmenbezeichnung in "Kaufhof AG". Drei Jahre später erfordert der Boom der Wirtschaftswunderjahre eine Erweiterung des Hauses. Durch einen fünfgeschossigen Anbau erhält das Gebäude sein heutiges Volumen von 10.900 Quadratmeter Nutzfläche. In den achtziger Jahren verlagert sich das Siegener Geschäftsleben in die Unterstadt. Der negativen Umsatzentwicklung zollt die Konzernleitung im Januar 1993 Tribut und übergibt das Haus an die Kerber-Gruppe. Trotz hoher Millioneninvestitionen in Modernisierungsmaßnahmen fällt auch das Kerber-Kaufhaus dem Attraktivitätsverlust der Oberstadt zum Opfer und muss im September 1999 schließen.

Es folgt ein jahrelanger Leerstand. Im September 2004 ermächtigt der Rat der Stadt Siegen den Bürgermeister zum Erwerb der drei oberen Geschosse der Immobilie. Zusammen mit einem Konsortium privater Investoren soll ein "Kulturkaufhaus" geschaffen werden, das in der Tradition des Standorts ein positives Zeichen zur Wiederbelebung des städtischen Zentrums in der Oberstadt setzt. Nach einer einjährigen Umbauphase wird im Februar 2007 das nunmehr "KrönchenCenter" benannte Gebäude mit Einzelhandelsgeschäften in Basement und Erdgeschoss sowie einem kommunalen Informations- und Bildungszentrum in den drei Obergeschossen mit Stadtbibliothek, Volkshochschule und Stadtarchiv eröffnet. Komplettiert wird das Angebot durch die Integration der Wissenschaftlichen Bibliothek zur Regionalgeschichte in den Lesesaal des Stadtarchivs sowie die Unterbringung der Brüder-Busch-Gedenkstätte.


Kurzfassung (Text auf der Acryltafel)

Am 4. Oktober 1928 eröffnet der Kölner Warenhauskonzern Leonhard Tietz AG im Gebäude des heutigen KrönchenCenters ein modernes Großkaufhaus. Dieser hatte den Rohbau des Hauses ein Jahr zuvor von der Siegener Firma Plaut & Daniel erworben. 1933 wird der Konzern arisiert und in Westdeutsche Kaufhof AG umbenannt. Nach völliger Zerstörung im Zweiten Weltkrieg erfolgt 1952 die Wiedereröffnung des Kaufhofs, der bereits 1956 durch einen Anbau erweitert wird. 1993 wird das Haus an die Kerber-Gruppe abgegeben, die den Standort aufgrund des Strukturwandels der Oberstadt 1999 aufgibt. Nach längerem Leerstand eröffnet eine Investorengemeinschaft 2007 das Kulturkaufhaus "KrönchenCenter" mit Einzelhandelsgeschäften in den Untergeschossen und den städtischen Kulturinstituten Stadtbibliothek, Volkshochschule und Stadtarchiv sowie der Brüder-Busch-Gedenkstätte.


GPS-Koordinaten (Breiten- und Längengrad): 50.874838, 8.024826

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