Kreisverkehrsplatz "Schleifmühlchen": Planung und Bauablauf des Kreisel-Neubaus

Der Kreisel "Schleifmühlchen" ist neben "Kochs Ecke" der zweitwichtigste Verkehrsknotenpunkt im Stadtgebiet Siegen. Der Kreisverkehr stellt sicher, dass die Innenstadt aus östlicher Richtung für Liefer- und Freizeitverkehr, Pendlerinnen und Pendler sowie Schülerinnen und Schüler erreichbar ist. In der benachbarten Fludersbach befindet sich zudem wichtige Infrastruktur (Einkaufsmöglichkeiten, Stadtreinigung, Deponie).
Der "eiförmige" Kreisel ist ein jahrzehntealtes Provisorium und besteht aus den über 50 Jahre alten "Hauptarmen" Frankfurter Straße und Marienborner Straße. Er wurde 2002 angelegt im Zuge des Neubaus der Straße "Fludersbach". Ziel war, dass der Verkehr während der Bauzeit auf den bereits vorhandenen Verkehrsflächen besser fließen konnte (entwickelt von Mathias Kminkowski, dem ehemaligen Leiter der Straßenverkehrsbehörde, deshalb intern "Kminki-Ei" genannt). Der Unterbau war damals schon nicht mehr für die vorhandene Verkehrsbelastung ausgelegt. Als Resultat der weiter gestiegenen Verkehrsbelastung und des Alters der Verkehrsflächen ist die Bausubstanz heute marode und die Fahrbahn so geschädigt, dass sie sich durch oberflächliche Reparaturen nicht nachhaltig erneuern lassen.
Im Jahr 2013 wurden deshalb verschiedene Varianten zum Knoten-Neubau untersucht. Aus dem Verkehrsgutachten ging der zweistreifig befahrbare Kreisverkehr als favorisierte Lösung hervor. 2016 beschloss die Verwaltung, einen Zuschussantrag bei der Bezirksregierung Arnsberg einzureichen. Er wurde 2018 mit einer Förderung von 60 Prozent der Baukosten genehmigt.
Was ist geplant?
Der Knoten "Schleifmühlchen" (B54 Frankfurter Straße/ L719 Marienborner Straße/ Fludersbach) wird zu einem modernen Kreisverkehr ("Kreisel") umgebaut. Der Kreisverkehrsplatz wird mit einem Außendurchmesser von 40 Metern zweistreifig befahrbar sein. Ziel ist, dass sich der Verkehr aufgrund der verbesserten Platzverhältnisse besser einsortiert und flüssiger läuft, so dass sich die Leistungsfähigkeit des Kreisels deutlich erhöht.
Außerdem wird ein zusätzlicher "Bypass" vom Lindenberg aus in Richtung Kaan-Marienborn gebaut - eine neue Fahrspur am Knotenpunkt vorbei, um den Verkehrsfluss zu beschleunigen und Wartezeiten zu verringern. Auf dieser Fahrspur können Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer aus Richtung Lindenberg von der Frankfurter Straße rechts direkt Richtung Kaan-Marienborn abbiegen und müssen nicht in den Kreisel einfahren.
Außerdem werden die Höhenverhältnisse angepasst, alle Fahrbahn- und Nebenflächen inklusive der Straßenentwässerung von Grund auf erneuert (insgesamt 5.250 qm) und die Ver- und Entsorgungsleitungen neu geordnet. Am angrenzenden Weiß-Fluss wird die Ufermauer auf 100 Metern Länge komplett erneuert.
Auch für Fußgängerinnen und Fußgänger wie Radfahrende wird sich die Situation deutlich verbessern. Es entsteht eine modernisierte, sichere und zukunftsfähige Verkehrsanlage. Die rund dreijährige Bauzeit wird in sechs Bauabschnitte unterteilt und im laufenden Verkehr umgesetzt. Die Baukosten belaufen sich auf rund 8,5 Millionen Euro.
Was ändert sich für den motorisierten Verkehr?
Der neue Kreisverkehrsplatz erhält eine zweistreifig befahrbare Innenfahrbahn mit einer Breite von acht Metern. Es werden keine Fahrstreifentrennungen markiert. Die bereits vorhandene "Bypass"-Fahrbahn von Kaan-Marienborn in Richtung "Kochs Ecke" bleibt erhalten. Neu gebaut wird eine Fahrbahn als zusätzlicher "Bypass" von der Frankfurter Straße vom Lindenberg kommend nach Kaan-Marienborn.
Da durch diese Maßnahmen weniger Verkehr direkt in den Kreisel einfahren muss, erhöht sich die Leistungsfähigkeit des Kreisels. Die Verkehrsplaner erwarten außerdem in Spitzenzeiten eine Reduzierung der Rückstau-Längen.
Der Mittelpunkt des neuen Kreisverkehrs wird im Vergleich zur jetzigen Lage um rund 15 Meter in Richtung Osten verschoben. Die derzeitige Schräglage und unkomfortable Befahrbarkeit der Kreisfahrbahn wird durch einen Höhenversatz zwischen "Bypass" in Richtung Innenstadt und Kreisfahrbahn verbessert.
Durch die gleichmäßige Geometrie verbessert sich außerdem die Übersichtlichkeit; der Knotenpunkt ist besser einzusehen.
Modernisierung der ÖPNV-Haltepunkte
Die jetzigen vier Haltestellen für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) bleiben bestehen und werden modernisiert und barrierefrei ausgebaut. Im Zuge des Kreisel-Neubaus werden die Haltepunkte vollumfänglich barrierefrei ausgebaut und mit Wetterschutzeinrichtungen (Wartehallen) ergänzt.
Für Busse wird es einfacher, den Gehweg parallel anzufahren, um einen barrierefreien Ein- und Ausstieg zu gewährleisten. Ebenso wird der Haltestellenbereich barrierefrei entsprechend dem "Leitfaden für barrierefreies Bauen im Straßenbereich" der Stadt Siegen ausgestaltet.

Verbesserungen für den Radverkehr
Radfahrerinnen und Radfahrer dürfen die Kreisfahrbahn aufgrund der überbreiten Fahrbahn aus Sicherheitsgründen nicht direkt befahren.
Vorgesehen ist stattdessen die Mitbenutzung der Gehwege mit dem Zusatz "Radfahrer frei". Der Gehweg darf mit Rücksichtnahme auf die Fußgänger befahren werden. An allen Querungsstellen werden parallel zum Fußgängerüberweg sogenannte "Radfahrfurten", an denen der Rad- als auch der Fußgängerverkehr bevorrechtigt sind, markiert. Vor dem Knotenpunkt wird der Radverkehr über Ausfahrrampen von der Fahrbahn auf den Gehweg geleitet.
Über sogenannte "Radfahrschleusen" gliedern sich Radfahrerinnen und Radfahrer geschützt hinter dem Knotenpunkt parallel zum fahrenden Verkehr wieder auf die Fahrbahn ein. Auf diesem Wege ist der Radverkehr in vollem Umfang in die Verkehrsführung am Kreisel integriert und kann den Knotenpunkt in alle Richtungen sicher passieren.
Alternativ stehen Umfahrungsmöglichkeiten über die Straße "Lohgraben" und "Friedrich-Wilhelm-Straße" zur Verfügung.

Mehr Sicherheit für Fußgänger
An allen "Armen" des Knotenpunktes sind beidseitige Gehwege und Fußgängerüberwege vorgesehen. Die Überquerungen werden barrierefrei ausgestaltet. Die vorhandene Fußgängerampel in der Frankfurter Straße Höhe Einmündung "Friedrich-Wilhelm-Straße" bleibt erhalten.
Im Vergleich zur vorhandenen Situation wird die Fußgängerführung deutlich verbessert, da sich die Wege verkürzen und es zusätzliche Möglichkeiten gibt, die Fahrbahn zu queren. So verbessert sich auch die Verkehrssicherheit für Passantinnen und Passanten in dem Bereich. Zusätzlich ist eine gute Beleuchtung der Querungsstellen vorgesehen. Die Fußgängerinnen und Fußgänger sind an allen Querungsstellen bevorrechtigt.
Neubau der Ufermauer zur "Weiß"
Im Bereich der Marienborner Straße wird mehr Platz benötigt, da hier die zusätzliche Fahrspur, der neue "Bypass", entsteht. Um die nötigen Fahrbahnbreiten Richtung Kaan-Marienborn zur Verfügung stellen zu können, wird der nördliche Gehweg als Kragarm über die Weiß neu angelegt, eine Art "überkragende Platte" über den Fluss.
Die marode Bausubstanz der historisch gewachsenen Ufermauer kann diese Konstruktion jedoch nicht mehr tragen. Deshalb muss die Ufermauer auf einer Länge von rund 100 Metern erneuert werden.
Dies erfolgt durch die Errichtung einer überschnittenen Bohrpfahlwand* direkt hinter der vorhandenen Ufermauer. Die Bohrpfähle haben einen Durchmesser von einem Meter und eine Länge von bis zu 15 Metern. Nach Fertigstellung der Bohrpfahlwand wird die alte Ufermauer abgerissen.
Gemäß Landeswassergesetz muss bei Eingriffen in den Gewässerquerschnitt die Hochwassersituation verbessert werden. Dies wurde durch die Planung in geringem Maße erreicht und rechnerisch nachgewiesen. Die Wasserrechtliche Genehmigung wurde am 10. September 2021 von der Unteren Wasserbehörde des Kreises Siegen-Wittgenstein erteilt.
Die Gehwegbreite im Bereich der neuen Ufermauer beträgt 2,10 Meter. Ein DIN-gerechtes Geländer zur Absturzsicherung wird installiert.
Welche Bauphasen sind vorgesehen?
Der Knotenpunkt verbindet die Innenstadt mit Kaan-Marienborn und hat dadurch eine wichtige Funktion. Eine Vollsperrung kommt deshalb nicht in Frage. Es wurde ein Kompromiss erarbeitet, sodass trotz der Großbaustelle die wichtigsten Verkehrsverbindungen erhalten bleiben und gleichzeitig große Bauabschnitte zur Beschleunigung der Arbeiten durchgeführt werden können. Im Ergebnis wird es drei große Bauphasen bzw. Verkehrsführungen geben, mit den Vor- und Nacharbeiten insgesamt sechs Bauabschnitte.
Dargestellt sind die Bauphasen 2 bis 4. Nachfolgend werden die Bauphasen mit ihren Auswirkungen auf die Verkehrsführung kurz dargestellt. Für den ÖPNV werden die Verkehrsbetriebe Westfalen-Süd (VWS) provisorische Haltestellen im nahen Umfeld der Baustelle bereitstellen.
In sämtlichen Bauphasen finden parallel zum Straßenbau Umverlege- und Erneuerungsarbeiten der Ver- und Entsorgungsleitungen sowie eine Neuverlegung der Straßenbeleuchtungskabel statt.
Nachdem die Baumaßnahme im Herbst 2022 europaweit ausgeschrieben wurde, konnte Ende Januar 2023 der Auftrag an die Arbeitsgemeinschaft H. Weber/Baustra GmbH aus Siegen bzw. Wilnsdorf vergeben werden.
Der Baustart ist ab dem 17. April 2023 vorgesehen. Im Vorfeld werden seitens der Telekom und Gasline noch Telekommunikationsleitungen mittels Spülbohrverfahren umverlegt.
Bauphase 1 (ab dem 17. April 2023)
Der erste Bauabschnitt beginnt nach den Osterferien und dauert rund vier Wochen.
Er umfasst:
- Rückbau der vorhandenen Verkehrsinseln und Fahrbahnteiler;
- provisorische Fahrbahnbefestigung mit Asphalt, um die Überfahrbarkeit zu gewährleisten;
- überwiegend Tagesbaustellen mit geringer Beeinträchtigung des fließenden Verkehrs.
Verlegung der Haltestellen:
- in Fahrtrichtung Siegen auf die Frankfurter Straße vor Haus-Nr. 63;
- in Fahrtrichtung Kaan-Marienborn auf die Frankfurter Straße vor Haus-Nr. 60.
Bauphase 2 (ab zirka Mitte Mai 2023)
- Einrichtung einer Baustellensignalisierung mit bevorrechtigter Verbindung Innenstadt - Kaan-Marienborn (Verkehrsfläche = Blau);
- Anbindung Fludersbach über Bedarfssteuerung der Lichtsignalanlage;
- Vollsperrung der Frankfurter Straße in und aus Richtung Lindenberg ab Mittwoch, 14. Juni 2023 - Umfahrungsmöglichkeit: Fludersbach/ Wetzlarer Straße;
- alle angebundenen "Arme" in beide Richtungen befahrbar;
- provisorische Fußgängerverkehrsführung (Querungsstellen);
- Herstellung Bohrpfahlwand "Weiß";
- Herstellung Verkehrsflächen im Baufeld (Baufeld = Grau);
- Linie C103:
Führung über Fludersbach - Wetzlarer Straße - Buswende Ecke Gießener Straße und zurück; - Linie SB4:
Führung über Fludersbach - Wetzlarer Straße.
Bauzeit: rund 12 Monate
Bauphase 3 (ab zirka Mai 2024)
- Umsetzung der Baustellensignalisierung;
- Herstellung neuer Bypass Lindenberg - Kaan-Marienborn;
- Fludersbach: halbseitige Sperrung, Einrichtungsverkehr Richtung Kaufland/ Deponie;
- Ausfahrmöglichkeiten: Peipers Halde, Friedrich-Wilhelm-Straße, Wetzlarer Straße, Hambergstraße.
- Linien C103, C104, SB4, R14:
- Hinweg über Fludersbach;
- Rückweg über Peipers Halde/ Friedrich-Wilhelm-Straße.
Bauzeit: rund 8,5 Monate
Bauphase 4 (ab zirka Februar 2025)
- Freigabe der Fahrbahn Richtung Lindenberg in beide Fahrtrichtungen;
- weiterhin Einrichtungsverkehr Fludersbach; Verkehrsführung wie in Bauphase 3;
- Trennung in zwei kleinere Bauphasen, um die Einmündung Friedrich-Wilhelm-Straße so lange wie möglich nutzen zu können.
- Linie R14:
Hinweg: wieder regulär den Lindenberg hoch;
Rückweg: über Peipers Halde/ Friedrich-Wilhelm-Straße.
Bauzeit: zirka 8,5 Monate
Bauphase 5 (ab zirka Dezember 2025)
- Herstellung der Kreismittelinsel;
- Kleinere Restarbeiten in Nebenflächen.
Bauzeit: rund 1 Monat
Bauphase 6
- Herstellung der Gussasphaltdeckschicht in sämtlichen Fahrbahnflächen;
- Ausführung am Wochenende unter Vollsperrung des Knotenpunktes;
- Markierungsarbeiten;
- Kleinere Restarbeiten in Nebenflächen.
Bauzeit: rund 3 Wochen
Maßnahmen zur Bauzeitverkürzung
Der Knotenpunkt "Schleifmühlchen" hat eine große verkehrliche Bedeutung für die Stadt Siegen. Deshalb ist es unser Ziel, die Verkehrsbeeinträchtigungen durch den Neubau zu minimieren bzw. verträglich zu gestalten.
Hierzu werden folgende Maßnahmen ergriffen:
- möglichst große Bauabschnitte, unter Beibehaltung des Verkehrs im Knotenpunktbereich;
- Koordinierung aller Arbeiten (beispielsweise Leitungsträger) im jeweiligen Baufeld;
- Arbeiten nach Bauzeitenplan, permanenter Abgleich zwischen Soll und Ist;
- nach Möglichkeit paralleles Arbeiten im jeweiligen Baufeld (beispielsweise Ufermauer und Straßen-/ Leitungsbau) mit mehreren Kolonnen;
- Einsatz von modernen Bauverfahren (Verwendung von Klebebordsteinen für Fahrbahnteiler, Verzicht auf herkömmliche langwierige Bauweise).