Projektinformation "Herrengarten": Neuanlage einer urbanen Freifläche
Der Herrengarten-Komplex in der Siegener Innenstadt
Unmittelbar am neu gestalteten Siegufer in der Siegener Innenstadt befindet sich der Gebäudekomplex Herrengarten - ein in die Jahre gekommenes Geschäftshaus aus den 1970er Jahren. Im Integrierten Handlungskonzept Innenstadt von 2010 wird der Herrengartenkomplex als "baulicher Fremdkörper" bezeichnet. Der Gebäudekomplex Herrengarten versperrt den Blick zu der qualitativ hochwertigen Blockrandbebauung entlang der Fürst-Johann-Moritz-Straße und der Straße Am Herrengarten. Über einen Abriss des Komplexes und die Herstellung als öffentliche Platz- bzw. Grünfläche kann der öffentliche Raum in der Unterstadt hervorragend ergänzt werden. Neben dem neu gestalteten Siegufer kann dort ein weiteres Ventil geschaffen werden, um abseits der hochfrequentierten Einkaufszonen einen für jedermann zugänglichen Ort der Ruhe und Erholung zu schaffen. Durch die Freilegung der Sieg und die städtebauliche Aufwertung des direkten Umfeldes konnte dort bereits die Aufenthaltsqualität des öffentlichen Raumes enorm gesteigert werden. Die Brüder-Busch-Straße wurde im Bereich des Herrengarten-Komplexes vom motorisierten Individualverkehr befreit und zu einer Uferpromenade für Fußgänger und Fahrradfahrer umfunktioniert, von der eine großzügige Freitreppe auf gesamter Straßenlänge bis an den Fluss führt.
Entsprechend der konzeptionellen Absichten hat der Rat der Stadt Siegen in seiner Sitzung am 25. Mai 2016 (Vorlage-Nr.: 927/2016A) einen Grundsatzbeschluss zum Erwerb der Immobilie "Herrengarten" und zur Umgestaltung zu einer öffentlichen Freifläche gefasst. Bestandteil der Beschlussfassung waren u. a. die inhaltliche Erweiterung des Integrierten Handlungskonzeptes Innenstadt (IHaKo Innenstadt 2010, in der Fassung der Fortschreibung 2014) um die Herleitung der Maßnahme "Abriss des Gebäudekomplexes Herrengarten und Herrichtung des Areals als öffentliche Platz- bzw. Grünfläche", der Ankauf des Herrengartens durch die Stadt Siegen sowie das Stellen eines entsprechenden Förderantrags. Mit der inhaltlichen Erweiterung des IHaKo wurde auch die Durchführung eines Planungswettbewerbs beschlossen: "Ein freiraumplanerischer Realisierungswettbewerb soll eine höchstmögliche gestalterische Qualität sicherstellen." Die zur Umsetzung der Maßnahme Herrengarten beantragten Fördermittel im Förderprogramm "Aktive Zentren: Siegen - Zu neuen Ufern" wurden im September 2016 bewilligt.
Fördergegenstände sind der Erwerb der Gebäudeteile Herrengarten 10 und Herrengarten 2 (bereits erfolgt), Teile des Abrisses und der Beräumung des Grundstückes sowie die Durchführung eines landschaftsarchitektonischen Wettbewerbs. Die Förderung der eigentlichen Umgestaltung der Herrengartenfläche ist seitens des Fördergebers in Aussicht gestellt.
Historie und Planung - Wettbewerbsaufgabe
Der Abriss des Herrengarten-Komplexes bietet die Möglichkeit einer Stadtreparatur mit großer Symbolkraft. Der Rückbau lässt einen Stadtraum entstehen, dessen Lage, Format und Dimension im Stadtgefüge einzigartig ist und das Stadtbild nachhaltig aufwertet. Die umstehenden teilweise historischen Gebäudestrukturen werden wieder voll zur Geltung gebracht. Mit seinem dreieckigen Zuschnitt und der Öffnung zur freigelegten Sieg weist die künftige Freifläche ein besonderes Ambiente auf und kann zu einer multifunktional nutzbaren Platzfläche aufgewertet werden, die sich hervorragend in den Maßstab des umgebenden Stadtraumes einfügt.
Die Historie des Herrengarten belegt, dass das Areal die überwiegende Zeit seiner bewegten Geschichte als Landschaftspark bzw. -garten genutzt wurde (seit 1669). Selbst in der Wiederaufbauphase nach dem zweiten Weltkrieg konnte ein Teilbereich von der Bebauung freigehalten werden und wurde danach als Parkplatz genutzt. Erst der Bebauungsplan Nr. 66a "Herrengarten" schuf die Voraussetzungen, das Areal im Jahr 1977 zu bebauen.
Wettbewerbsaufgabe ist die Entwicklung einer multifunktional nutzbaren Grün- bzw. Freifläche, die Aufenthalt und Erholung genauso einschließt wie die Möglichkeit, den Platzraum für Veranstaltungen zu nutzen. Vorgesehen ist, die Verkehrsführung so zu ändern, dass der Platzraum nicht wie bisher an zwei Seiten von Straßen gesäumt wird, sondern dass die Platzfläche bis an die angrenzende Bebauung bzw. die Grundstücke heranreichen kann.
Wettbewerbsverfahren
Die Planungsleistungen sollen wie bei dem Projekt "Rund um den Siegberg" gemäß der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) sowie der Richtlinien für Planungswettbewerbe (RPW 2013) und der Vergabeverordnung (VgV) im Rahmen eines einstufigen, internationalen, freiraumplanerischen Realisierungswettbewerbs an ein Fachbüro vergeben werden.
Das Instrument eines freiraumplanerischen Realisierungswettbewerbes bietet mehrere Vorteile für den laufenden Prozess:
a) Rechts- und Verfahrenssicherheit
Sobald Baumaßnahmen oder Planungsaufträge (z. B. an Landschaftsarchitekten) einen gewissen Kostenrahmen erreichen, sind Kommunen an das sog. Vergaberecht gebunden. Um einen ordnungsgemäßen Wettbewerb zwischen möglichen Auftragnehmern herzustellen, müssen große Projekte daher europaweit ausgeschrieben werden. Ein offizielles Wettbewerbsverfahren ist einer solchen europaweiten Vergabe gleichzusetzen, daher folgt der Wettbewerb auch strengen Regeln. Somit unterliegt das Verfahren den Richtlinien für Planungswettbewerbe (RPW) und der Vergabeverordnung (VgV).
b) Optimale Gestaltqualität und Ideenvielfalt
Die geplante Durchführung des Wettbewerbs mit bis zu fünfzehn renommierten Teams gewährleistet ein Maximum an Know-how und Kreativität, was sich in der späteren Gestaltung der Freifläche widerspiegeln wird. Neben einer hohen gestalterischen und funktionalen Qualität für die einzelne Fläche wird auch die städtebauliche Einbindung in das Projekt "Siegen - Zu neuen Ufern" erreicht.
c) Stringenz, Transparenz, Mitsprache
Das Wettbewerbsverfahren ist transparent aufgebaut. Vorgeschaltet wird eine Öffentlichkeitsbeteiligung, um die späteren Auslobungsunterlagen zielgerichtet aufzubereiten. Auf diesem Wege sollen die Planungsbüros über die konkreten Zielvorstellungen und Wünsche der Bevölkerung bzw. der "Experten vor Ort" unterrichten werden. Die einzelnen Phasen des Wettbewerbs werden jeweils durch die Beteiligung der politischen Gremien begleitet. Zudem entsenden die Fraktionen - analog zu den Wettbewerben "Siegen - Zu neuen Ufern" und "Rund um den Siegberg" - Vertreter/innen in die Jury.
Zeitplanung
Mit dem Tag der Städtebauförderung am 5. Mail 2018 fällt für die Öffentlichkeit der Startschuss für den Wettbewerb. Intern laufen die Vorbereitungen jedoch schon seit Anfang des Jahres auf Hochtouren. Es wurde ein externes Büro beauftragt, den Wettbewerb zu begleiten und die Verwaltung rechtlich und bei allen formalen Schritten zu unterstützen. Hierzu zählt auch die Erstellung der Auslobungsbroschüre, welche vor der Sommerpause in den politischen Gremien beraten wird. Mitte Juli beginnt dann die Bearbeitungszeit für die teilnehmenden Büros, welche Mitte September ihre Entwürfe abgeben müssen. Anschließend erfolgt die Preisrichtersitzung, so dass Mitte Oktober mit einem Ergebnis zu rechnen ist.